Wahre Aikido-Geschichten

Ist Aikido effektiv?
Häufig wird die Effektivität von Aikido in Frage gestellt, viele sagen schlichtweg: "Aikido funktioniert nicht!". Aber was ist eigentlich die Funktion von Aikido? Was soll der Effekt sein?
Wir haben das Glück im Aiki Dojo Mainz ein recht 'handfestes' Aikido zu trainieren. Es wird in einigen Polizeischulen, z.b. bei der London Metropolitain Police unterrichtet und im Alltag auf der Straße verwendet. Dabei müssen die Polizisten häufig aggressive Übeltäter ohne Waffengewalt und möglichst schonend unter Kontrolle bringen. Aber der Effekt des Aikidotrainings geht weit über die Anwendung in physischen Konfliktsituationen hinaus. Was Schüler des Aiki Dojo Mainz mit ihrem Aikido erlebt haben, schildern sie hier in teilweise unglaublichen, aber wahren Geschichten.
Wie ich zu Aikido kam

Christiane Hirsch, Biologin
Reiner Zufall, eine Freundin hat mich zum Training mitgenommen. Ich wußte zuvor gar nichts über Aikido, außer dass es eine asiatische Kampfkunst ist. Es war 'Liebe auf den ersten Blick'. Ich war fasziniert von den harmonischen und ästhetischen Bewegungen, von der scheinbar spielerischen Leichtigkeit der Übungen. Das wollte ich auch können!
Was mich seit über 10 Jahren bei Aikido hält: Ich begann mit dem Training und machte eine großartige Entdeckung: ich war so konzentriert auf die Bewegungsabläufe und das Miteinander mit meinen Trainingspartnern, daß ich für 1,5 Stunden alles andere in meinem Leben vergaß. Meine Sorgen, meine Beruf, meine Beziehung, meine Träume und Wünsche waren plötzlich ganz weit weg und unwichtig. Mein Hirn wurde quasi geleert! Alles, was mich noch kurz zuvor beschäftigt hatte - im Guten wie im Schlechten - war für die Dauer des Trainings nicht mehr existent. Danach fühlte ich mich großartig, körperlich ausgepowert und auch ein wenig wie geistig gereinigt. Ich konnte mich nun wieder viel entspannter und mit neuen Ideen kniffligen Dingen widmen und manches erschien nach dieser Denkpause plötzlich in einem neuen Licht.
Die Erfahrung einer Art inneren Reinigung habe ich später noch oft gemacht. Aikido hat mir besonders in schwierigen Lebensphasen schon einige Male geholfen, eine gesunde Distanz zu allem gewinnen und mich oder meine Situation in einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Durch die stetige Übung mit gespielten Konfliktsituationen habe ich gelernt, auch im alltäglichen Leben mit Auseinandersetzungen souveräner umzugehen und es nicht immer gleich als 'bedrohlich' zu empfinden, mal der Unterlegene in einem Konflikt zu sein. Ich habe durch Aikido mehr Ruhe, innere Stabilität und Ausgeglichenheit entwickelt.
Außerdem habe ich eine ganze Menge guter Freunde gewonnen! Aikido macht Spaß und der ist ansteckend! Ich komme immer wieder gerne ins Dojo, sowohl um meine Aikido-Techniken zu vertiefen als auch um die Menschen zu treffen, die mir inzwischen unentbehrlich geworden sind.
Später Schock

Gérard Peters, Rettungsassistent
Die laue Sommernacht hatte uns schon einige Einsätze beschert, als wir zu einer Person nach angeblichem Treppensturz alarmiert wurden. Wir nahmen den äußerst aggressiven Mann in den Rettungswagen auf, kümmerten uns um die offensichtlich nicht so schweren Verletzungen und fuhren ins Krankenhaus. Die Fahrt verlief einigermaßen friedlich, bis auf zwei verbale Attacken, welche mir meinen baldigen Tod versprachen. Endlich im Krankenhaus angekommen, vom Chirurgen untersucht, konnten wir den Patienten in der Röntgenabteilung der Röntgenassistentin übergeben. Gesagt getan, die Tür viel ins Schloss, und ich war der Todesdrohung entkommen.
Vor der Tür hörten wir dann plötzlich Gepolter, und die Hilfeschreie der Röntgenassistentin. Aus dem Zimmer kam nur noch: "Ich bring dich um!". Sollte es doch noch nicht vorbei gewesen sein mit der Todesdrohung? Der Patient, auf der Röntgenassistentin kniend, verprügelte sie ziemlich heftig und drückte ihr die Kehle zu. Wir versuchten ihn nach hinten wegzuziehen. Die Hand des Patienten kommt mir dabei entgegen. Ich nehme das was sich in diesem Augenblick bietet. "Kotegaeshi", der Schläger ist am Boden und bittet aufzuhören. Es gelingt mir Ihn mit einem Haltegriff zu fixieren bis die Polizei kommt und ihn abholt. Erst jetzt erfahre ich, dass er schon gesucht wurde. Er hatte kurz zuvor jemanden erstochen.
DOMO ARIGATO GOZAIMASHITA
Grenzen sprengen

Adrian Hoffmann, Steuerberater
Meine Sympathie für die Samurais und Beschäftigung mit dem Ki hat mir den Weg ins Dojo Mainz-Finthen gezeigt. Hier finde ich liebe Menschen aller Art und doch mit gleichen Interessen. An diesem Ort ist Spiritualität zu spüren. Freundlichkeit, Verständnis und ein gemeinschaftlicher Geist fördert eine gute Stimmung. Einen offenen Aikidomeister zu erleben, der Hoffnung und geistiges Wachstum durch eigene Zurückhaltung fördert, ist für mich eine neue und zugleich schöne Erfahrung. Hier wird mir in kleinen Schritten gezeigt, meinen Körper neu zu fühlen und die Schwelle der Sicherheit und der Angst zu überschreiten. Denn nur jenseits dieser Schwelle finden wir unseren Weg, unsere neue Erfahrung und geistiges Wachstum.
Danke für das schöne Training!
Taschendiebe

Dr. Franz Renz, Chemiker
An einem Nachmittag vor einem Einkaufszentrum mitten in Budapest: Gelangweilt stehe ich geistesabwesend am Eingang, wartend auf eine Kollegin, in der rechten Hand die pralle Einkauftasche tragend. Irgendwie spüre ich einen zarten Reiz an der linken Hüfte und ertaste einen Augenblick später mit meiner Linken eine Hand die schon einen Finger lang in meiner Hosentasche mit Geldbörse steckt. Im selben Moment rammt mich eine zweite Person an der rechten Schulter um mich abzulenken. Ohne zu denken lenke ich den Impuls direkt auf den hosegreifenden Herrn, seine Hand drehend (im Aikido jap. kotegaeshi), der hebt ab, und landet wie eine Schildkröte zappelnd auf dem Rücken. Die Zwei haben das Weite gesucht, die Einkaufstasche hatte ich immer noch unversehrt in der rechten Hand.
Hätte mich jemand einen Moment vor dem Einkaufsereignis gefragt ob ich mein Aikido in der Praxis für effektiv halte, ich hätte es klar verneint. Die Zwei haben mich eines Besseren belehrt.
Optimale Bewegung spart Kraft

Bernd Enders, Tischlermeister
Wer jemals Holz gehackt hat um es im Winter schön warm zu haben, der weiß, wie beschwerlich dies ist. Eine Stunde ist ja mal ganz schön, aber einen ganzen Tag... irgendwann ist dann mal die Luft raus. Vor allem, wenn es im Feld kalt ist, man ins Schwitzen kommt und die Kraft mit jedem Schlag aufs Holz mehr und mehr schwindet.
So überlege ich mir, wie ich meine verbliebene Kraft optimal einsetzen könnte. Kann ich vielleicht auch hier Aikido anwenden? So stellte ich eine kleine Theorie auf und überprüfte sie: Axtschlag(optimal) = Schwertschlag + Hüfteinsatz. Meine Bewegung wurde runder, weicher, effektiver, der Kraftaufwand geringer und meine verbliebene Kraft verdoppelt. Bis zum Abend hatte ich den riesigen Holzhaufen weggehackt und einen warmen Winter gesichert. Also: Aikido findet nicht nur im Dojo oder bei körperlichen Auseinandersetzungen auf der Straße statt. Aikido kann in allem was wir tun sein, eigentlich sollte Aikido in allem was wir tun sein. Für alle die einen Holzofen haben: probiert es doch mal aus.
Un-Fallschule

Dr. Yann Asbeck, Arzt
Ich fuhr mit meinem drei Wochen alten Mountainbike nach der Arbeit auf eine Rechts-vor-Links-Kreuzung zu. Von links kam ein Kleinwagen langsam angefahren. Wir waren in der Kreuzung die einzigen Verkehrsteilnehmer und da das Auto die Geschwindigkeit reduzierte, war ich überzeugt, gesehen worden zu sein. Da von rechts kein Auto kam fuhr ich weiter und schaute noch mal nach rechts. In diesem Moment war es schon passiert. Ich wurde von dem Auto erfasst. Zum Teil fuhr ich in das Auto rein, teilweise wurde ich aufgegabelt. Es ging alles sehr schnell. Ich weiß nicht wie, aber ich landete auf meinen beiden Füßen. Bis auf eine leichte Prellung im Bereich der linken Schulter und des rechten Oberarmes war ich unverletzt. Mit Mühe und Not konnte ich die umstehenden Leute von der Alarmierung eines Krankenwagens abhalten. Ich schaute zunächst nach meinem demolierten Fahrrad. Nicht wirklich mehr zu gebrauchen.
Nun das erfreuliche: Die erste Frage eines Zeugen war, ob ich eine Kampfkunst ausüben würde. Ich war erstaunt, bejahte dies jedoch und fragte wie er darauf kam. Daraufhin sagte er, dass er im ersten Moment des Unfalls das Schlimmste befürchtet hatte. Als er jedoch sah, wie ich mich auf der Motorhaube und dem Asphalt abgerollt hatte, wurde es ihm klar. Ich glaube es gab selten jemand, der nach einer Kollision mit einem Auto so gut gelaunt und zufrieden sein neues kaputtes Fahrrad nach Hause schob. Es lief nicht bewusst ab, aber ich bin sicher ohne Aikido wäre der Unfall für mich nicht so glimpflich abgelaufen.
Wachstum durch Aikido

Uwe Holzmann, Tischlermeister
Als ich in Ende 1999 mit Aikido in Mainz bei Sensei Jirka angefangen habe zu trainieren, war ich körperlich konditionell in einem durchaus normalen Zustand. Ich habe eine Familie mit zwei Kindern und bin selbständiger Handwerksmeister mit Schreinerei, welche damals eine Zwei-Mann-Firma und drei Jahre am Markt war.
Vor dieser Zeit hatte ich meine Visionen immer darauf wachsen lassen, viel Energie durch Kraft und Willen in eine Sache fließen zu lassen. Aber von Fluss, soviel kann ich heute sagen, kann man dabei nicht sprechen. Die Investitionen in die Ziele, der Zeit- und Energieaufwand waren einfach zu hoch. Das ist mehr Karate. Im Aikido hatte ich oft davon gehört in einer Technik locker zu sein oder auch loszulassen damit die Hände für Weiteres offen sein können. Was es aber bedeutet hatte ich erst viel später reflektiert.
Über einen Geschäftspartner eines IT-Unternehmens stand 2002 dann ein bundesweites Internetprojekt im Raum. Es war schon immer mein Traum, genau so etwas umzusetzen, und dass plötzlich die Möglichkeit da war und ich die Mittel dafür bekam, war für mich ein Ergebnis des Aikido. Ich bin bestimmt kein Esoteriker. Aber mit der Ernsthaftigkeit für Aikido habe ich mir einiges der im Universum existierende Energie zu nutzen machen können.
Unser Unternehmen ist heute mit Sicherheit eines der innovativsten in Rheinland-Pfalz, mit 7 Mitarbeitern und einem stetig wachsendem Umsatz. Den Weg fokussieren, aber sich trotzdem führen lassen, und wenn es Umwege gibt die Entscheidung treffen welchen Weg man jetzt einschlägt. Das ist meine Erfahrung mit Aikido. Außerdem habe ich in meinen Interaktionen durch meine verbesserte Haltung mehr Selbstvertrauen und durch die Weicheit des Aikido mehr Ruhe erlangt.
Aikido wurde zu einem Superwerkzeug zum Erlangen meiner Ziele in meinem Leben. Nach dem Motto "If you don´t like it, change it with Aikido". Aikido ist wie eine Waschmaschine. Man wird durchgeschleudert und danach fühlt man sich gereinigt.